PROJEKT 2022/23 – KörperZeiten – TEILPROJEKTE

Wie Phoenix aus der Asche? Populärkulturelle Narrative über Jugendlichkeit, Sexualität und den weiblichen Körper am Beispiel von Lady Di’s »Revenge Dress«

Bei einem Charity-Event der Zeitschrift Vanity Fair in der Londoner Serpentine Gallery im Jahr 1994 trug Diana, Princess of Wales (1961-1997), das später von den Boulevardmedien betitelte »Revenge Dress« – ein auffallend kurzes, eng am Körper anliegendes Off-Shoulder-Kleid aus schwarzer Seide der griechischen Designerin Christina Stambolian. Glaubt man der medialen Darstellung, dann hatte Lady Di das Objekt bereits drei Jahre zuvor erworben, aber nie getragen. Erst an diesem Abend soll sie es einem Kleid von Valentino vorgezogen haben.

Zum Zeitpunkt dieses Auftritts lebten Lady Di und Prince Charles bereits seit zwei Jahren getrennt. An jenem denkwürdigen Abend allerdings wurde ein TV-Interview ausgestrahlt, in dem Charles ihre fünfzehnjährige Ehe offiziell für gescheitert erklärte und seine bereits lang vermutete Affäre mit Camilla Parker-Bowles eingestand. Die Bilder der Paparazzi, die Diana aus einer schwarzen Limousine aussteigend zeigen, gingen damals um die Welt und wurden als Antwort auf Charlesʼ Geständnis und als eine Form der Rache für diese öffentliche Demütigung gedeutet. Mit ihrem Auftritt in einem Kleidungsstück, das den weiblichen Körper jugendlich-erotisch in Szene setzte und zugleich zum Gegenstand öffentlicher Blicke – des male gaze – machte, widersetzte sie sich dem royalen Dresscode und den geltenden Konventionen für ein weibliches Mitglied des britischen Königshauses. Darüber hinaus aber wurde diese Selbstinszenierung Dianas als eine Form der (weiblichen) Befreiung, Selbstermächtigung und Selbstbehauptung interpretiert, da sie sich der Rolle der gekränkten und verstoßenen Ehefrau verweigerte.

Das Tagungsthema der KörperZeiten bietet hier mehrere Anknüpfungspunkte, die zum einen auf das Objekt selbst abzielen, nämlich den »Revenge-Dress« als materielles Medium der (Neu)Inszenierung des weiblichen Körpers, der hier zu einer Projektionsfläche und zum Aushandlungsort von Lebensalter, sexualisierter Attraktivität und weiblichen Schönheitsidealen wird. Zum anderen geht es um die popkulturellen Narrative, die das weltweit wahrgenommene Medienereignis in ein emotionales Vorher und Nachher einordnen und dabei den Auftritt Dianas als »Wiedergeburt« interpretieren. Dabei halten die Bilder quasi in einer Momentaufnahme das Verhältnis von (weiblichem) Körper und Zeitlichkeit fest, und es ist zu fragen, wie die damals gezeigten Körperbilder durch mediale (Re)Inszenierungen in der gegenwärtigen Populärkultur erinnert, aktualisiert und archiviert werden, wie hier also die Mythenbildung um die »Figur« Lady Di vorangetrieben wird.

 

Kontakt

koerperzeiten@gmail.com

Forschungsprojekt »KörperZeiten«
der Isa Lohmann-Siems Stiftung 2022/23
c/o Kunstgeschichtliches Seminar/ Institut für Empirische Kulturwissenschaft
Universität Hamburg
Edmund-Siemers-Allee 1 ESA W (Westflügel)
20146 Hamburg