ILSS Projekt Einverleibungen.
Foto Toni Spyra: Speaker

PROJEKT 2021/22

Widerspruch!? Medien, Praktiken und Räume des Widersprechens

Der Begriff des Widerspruchs geht mit einer Vielzahl von Deutungsmöglichkeiten einher. Er beschreibt sowohl Zustände als auch Handlungen. Die Bandbreite reicht dabei vom Widerspruch als einer privaten Unmutsäußerung, dem rechtlich verankerten Einspruch oder offiziellen Dementi bis hin zu den Widersprüchen als Unvereinbarkeiten oder sich diametral gegenüberstehenden Gegensätzen im dialektischen Sinn. All diesen Bedeutungen ist jedoch gemeinsam, dass sie auf gesellschaftliche Konflikte und Aushandlungsprozesse verweisen und diese abbilden.

Widerspruch und Widersprüche sind integrale Bestandteile gesellschaftlicher Prozesse und dabei immer wieder auch Ausdruck von Machtverhältnissen. Ihr gleichermaßen produktives wie auch destruktives Potential kann sich in individuellen wie auch kollektiven Meinungsäußerungen, Positionierungen oder Protesten ausdrücken und deutlich machen, dass jegliche Form des sozialen Miteinanders immer auch vom Widerspruch im Sinne des Opponierens lebt. Häufig gehen systemimmanente Widersprüche und Akte des Widersprechens miteinander einher. Dabei sind es insbesondere die Formen des aktiven Widersprechens, die politische, gesellschaftliche oder familiäre Gefüge prägen und an ihnen rütteln, die zugleich aber auch der Verständigung über Werte und Normen dienen und den Zusammenhalt festigen können.

Dass gesellschaftliche Strukturen und Formen des Entgegentretens eng miteinander verwoben sind, wird nicht zuletzt durch den Rechtsbehelf des juristischen Widerspruchs evident. Dieser dient als wichtiges institutionalisiertes Instrument, durch welches Widersprechen als demokratisches Grundrecht in der Gesellschaft verankert wird.
Unabhängig von der Gesellschaftsform werden Prozesse der Meinungsbildung und die gezielte Präsentation von Gegennarrativen in realen wie auch virtuellen öffentlichen Räumen sichtbar. Sie können sowohl medial, u.a. in Graffiti und Karikaturen, artikuliert werden als auch in Form von Demonstrationen und Protesten, Petitionen oder Online-Kampagnen (z.B. #metoo und #blacklivesmatter) zutage treten.
Dabei unterliegen Widersprüche historischen Veränderungsprozessen, sie sind wandelbar, können sich auflösen und immer wieder neu in Erscheinung treten. Das macht etwa ein Blick auf sich wandelnde Wertvorstellungen in der Gesellschaft deutlich. Einstige Selbstverständlichkeiten sind heute womöglich nicht mehr vorstellbar und was ehemals schlicht als unvereinbar galt, ist heute vielleicht gang und gäbe.
Die interdisziplinäre Tagung der Isa Lohmann-Siems Stiftung diskutiert die Thematik des ›Widerspruchs‹ aus unterschiedlichen Perspektiven. Ziel ist es dabei, die vielen Facetten des Begriffs aufzuzeigen und diese hinsichtlich ihrer verschiedenen Potentiale, medialen Ausprägungen und Wirkungsformen zu beleuchten.

 

Termin der Tagung:

11. und 12. Februar 2022

Ort: im digitalen Raum über ZOOM

Eine Anmeldung ist erforderlich.

 

 

Teilprojekte:

Magdalena Tonia Füllenbach, M.A., Kunstgeschichte:
Humor als Widerspruch: Das Kolonialdenkmal in den Karikaturen des deutschen Kaiserreichs

Michael Münnich, M.A., Volkskunde/Kulturanthropologie:
Kein Widerspruch? Walter Hävernick und die Stagnation und Transformation in der Hamburger Volkskunde nach 1945

Johanna Spanke, M.A., Kunstgeschichte:
(Re-)Claiming Space: Formen der Selbstermächtigung in den Werken von Chicanx-Kunstschaffenden am Beispiel der Gruppe Asco

 

Kontakt:

ilss2022@protonmail.com

Forschungsprojekt »Widersprüche«
der Isa Lohmann-Siems Stiftung 2021/22
c/o Kunstgeschichtliches Seminar
Universität Hamburg
Edmund-Siemers-Allee 1
20146 Hamburg