PROJEKT 2017/18 – Bekenntnisse. – TEILPROJEKTE

»Memento-Särglein und die Bußgesinnung als Bekenntnispraktik in der katholischen Barockfrömmigkeit« (Arbeitstitel)

Unter Memento-Särglein versteht man kleine, rund 12 Zentimeter lange und wenige Zentimeter breite, auf- und zuklappbare Kistchen, in denen ein mehr oder weniger verwester Leichnam oder eine Skelettfigur ruhen. Sie können von mahnenden oder appellierenden Versen begleitet werden und gehören zu der Gattung der Memento mori-Objekte.
Im Fokus der Studie sollen jene Kästchen des 17. und 18. Jahrhunderts stehen, die wachsbossierte Leiber verwahren und die nahezu ausschließlich aus dem katholischen süddeutschen Raum überliefert sind. Über den Gebrauchskontext und die künstlerischen sowie theologischen Traditionen der mit großer Kunstfertigkeit gearbeiteten Stücke ist nur sehr wenig bekannt, weshalb die Untersuchung hier ansetzen soll.

Die Särglein sollen die eigene Endlichkeit in Erinnerung rufen und gemahnen an das Leben nach dem Tod, das in seiner christlichen Erfüllung nur durch eine gottesfürchtige Lebensweise möglich wird. Gerade in der katholischen Barockfrömmigkeit war das Streben nach dem ewigen Heil zentral und die Bedeutung von Beichte und Buße nahm immens zu. Höchstwahrscheinlich ist die Entstehung und die Ausformung der zum Teil drastisch ausgeführten Leichname im Kreis der katholischen Adels- und Bürgerschicht zu suchen, da die Objekte in ihrer Mehrschichtigkeit ein gebildetes Publikum voraussetzen.
Die kleinformatigen Stücke waren zur religiösen Betrachtung gedacht und animierten zur Buße, zumal gerade in diesen Kreisen das private Gebet stark an Bedeutung zugenommen hatte. Sie dienten der Selbstprüfung, wobei die begangenen Sünden direkt vor Gott bekannt werden konnten. Dies geschah in Vorbereitung auf das für die Gläubigen jährlich obligate, kirchliche Beichtritual, in dem sie vor der Institution Kirche und damit Gott ihre Sünden bekennen sollten und damit auch ihre Zugehörigkeit zum Katholizismus bewiesen.

Doch welche visuelle Strategien der Objekte unterstützen die Bußgesinnung und damit die Selbsterforschung der Betrachtenden? Dazu soll die Medialität der verwendeten Materialien analysiert und die Tradition der Ikonographie offengelegt werden. Ebenso ist der Mechanismus des Öffnen und Schließens wesentlich für die affektiv-emotionale Wirkweise, der die Betrachtenden ausgesetzt werden soll. Dazu gehören auch die illusionistischen Mittel der Augentäuscherei, die drastischen Körperdarstellungen und Posen und die Provokation durch das Hervorrufen von Ekel bei gleichzeitiger Neugierde.

 

 

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Forschungsprojekt »Bekenntnisse«
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