PROJEKT 2017/18 – Bekenntnisse. – TEILPROJEKTE

Bildakt Bekenntnis. Die Ästhetik frühchristlicher Taufrituale

Hoch oben in der Kuppel funkelte über den Köpfen ein Mosaik. Darunter, in der Mitte des achteckigen Raumes, plätscherte leise das Wasser in einem Bassin. Der Duft von verbranntem Wachs und parfümiertem Öl tränkte die Luft. Immer wieder durchbrach Sprechgesang die konzentrierte Stille. Unaufhaltsam vertrieb die aufgehende Sonne die Nacht. In der Spätantike war die Taufe ein Fest für die Sinne. So wie hier, im Baptisterium der Kathedrale zu Ravenna in der Mitte des 5. Jahrhunderts.

Salus extra ecclesiam non est – außerhalb der Kirche gibt es kein Heil. Auf diese Formel hatte Bischof Cyprian von Karthago schon im 3. Jahrhundert seine Gemeinde eingeschworen. Es war ein Erlösungsversprechen, in dessen Exklusivität eine leise Drohung mitklang. Schließlich setzte es die Existenz einer einzigen heilssichernden katholischen Kirche voraus, die es zu diesem Zeitpunkt allerdings so noch nicht gab. Vielmehr hatte die Kirche gerade erst begonnen, sich eine Gestalt zu geben. Doch eines war dieser imaginären Einheit, die sich gern als einen Leib feierte (1 Kor 12,12–31), gemein: Der Zugang zu den letzten Geheimnissen ihres Glaubens und den komplexen Bedeutungsgefügen ihrer Bilderwelten sollte nur jenen offen stehen, die an sie glaubten – und dies auch öffentlich im Taufakt bekannten.

So konstitutiv die Taufe als eine performative Inkorporation der kirchlichen Einheit auch war, ihre Formen und Formeln waren äußerst vielgestaltig. Aber auch sie verband eine Gemeinsamkeit: Der Ritus diente nämlich auch dazu, den Aspirantinnen und Aspiranten bewusst machen, was ihre Hinwendung zum Christentum tatsächlich bedeutete. Sie sollte nicht nur abstrakte theologische Denkfiguren intellektuell vermitteln, sondern diese auch körperlich spürbar werden lassen. Deshalb wurde die Taufe als eine Choreographie von Bekenntnissakten inszeniert; sie umfasste neben einer förmlichen Anmeldung zur Konversion auch Unterrichtseinheiten, Exorzismen, Salbungen oder Bußübungen. Sie alle bildeten dann einen Erfahrungsraum, in dem sich Sinn und Sinnlichkeit permanent durchdrangen.

Diese ästhetische Dimension des Bekenntnisses zu rekonstruieren, ist Ziel des Teilprojektes. Anhand von Textquellen sowie von Bau- und Kunstwerken aus der Zeit des 4. bis 6. Jahrhunderts, soll aufgezeigt werden, wie in den frühchristlichen Taufritualen Prozesse des Be- und Erkennens miteinander verflochten wurden. Besonderes Augenmerk gilt dabei der Bildhaftigkeit des Ritus. Er stellte schließlich dar, was Christus selbst durchlebt hatte: Tod, Begräbnis und Auferstehung (Röm 6,3–6). Damit schrieb die Kirche im Erlebnis der Taufe ihre Heilsgeschichte in das Körpergedächtnis ihrer Glieder ein, um neben der Einheit des einen Leibes eine Hoffnung auf Erlösung zu stiften, wie sie Cyprian von Karthago gepredigt hatte.

 

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Forschungsprojekt »Bekenntnisse«
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